Stefan Mesch hat 15 Fragen…

… zusammengestellt, die er fast jedem Literaturblogger gerne einmal stellen würde. So war heute Morgen auf seinem Blog zu lesen.

Ich habe mir seine Fragen angeschaut und fand sie und deren Beantwortung so spannend, dass ich sie gerne hier beantworte.

Also, Stefan, für dich (und natürlich alle anderen, die es interessiert):

Das Lieblingsbuch meiner Mutter:

In unserer Familie spielte das Lesen keine Rolle, daher kenne ich als Kind meine Mutter nicht lesend – sie hat es erst spät zur Unterhaltung für sich entdeckt. Ob sie dabei ein Lieblingsbuch für sich ausmachen konnte, weiß ich nicht. Lesen hat für sie einen nicht so großen Stellenwert, dass es zum Austausch darüber taugt.

Das Lieblingsbuch meines Vaters:

Mein Vater las nicht.

Ich führe einen typischen Buchblog, weil…

Was ist ein typischer Buchblog? Was macht ihn aus? Wenn ein typischer Buchblog aus Cover, Besprechung und Themen rund ums Buch besteht, dann ja, vielleicht.
Ich bin anders als die Blogs, die ich gern lese, weil…

… ich es im Moment aus beruflichen Gründen einfach nicht schaffe, meinen Blog regelmäßig häufiger mit Beiträgen zu füttern.

Am Bloggen überrascht mich / beim Bloggen habe ich gelernt, dass…

… sich das Lesen nachhaltig verändert, weil ich durch das Verfassen der Besprechungen noch sensibler und aufmerksamer mit dem Text umgehe. Man wird kritischer bei der Vorabauswahl und lernt durch die Vernetzung mit den anderen Blogs und der persönlichen Auseinandersetzung mit den anderen Meinungen die eigenen Einschätzungen noch mal zu hinterfragen.

Überrascht hat mich die Geschwindigkeit, mit der neue Kontakte in sämtliche Bereiche des Literaturbetriebs entstehen.

Helfen Amazon-Rezensionen? Wobei? Wie?

Keine Ahnung. Weder lese ich sie, noch stelle ich dort welche ein.

Hilft Literaturkritik in Zeitungen und Magazinen? Wobei? Wie?

Sie kann helfen. Dabei, sich einem Buch mal aus einer völlig anderen Perspektive zu nähern. Ich schätze an den Kritiken im Feuilleton vor allem die, in denen dem Autor, seinem Lebenshintergrund und der Entstehungsgeschichte entsprechend Platz eingeräumt wird. Dadurch kann sich die Sicht auf den Text verschieben und ein neues, anderes Lese-Erleben entstehen.

Helfen Blogs? Wobei? Wie? Wem?

Das hoffe ich doch. Sie können Orientierung bieten in diesem ganzen Wust von Neuerscheinungen.

Wenn ich über längere Zeit einem Blog folge, kann ich seinen Verfasser einschätzen, kenne seine Interessen und Schwerpunkte und weiß seine Besprechungen zu deuten. Das muss nicht automatisch heißen, dass ich nur den gerne lese, der sich mit meinen Vorlieben deckt. Wenn ich jemanden kenne, dessen Ansprüche völlig konträr zu meinen sind, kann ein Verriss seinerseits geradezu eine Aufforderung darstellen, dieses Buch unbedingt lesen zu müssen.

Wahr oder falsch: “Ich blogge vor allem, weil ich mich über Bücher austauschen will und im persönlichen Umfeld nicht genug Menschen habe, mit denen ich das könnte.”

Weder noch. Es ist ein Grund von vielen. Mittlerweile hat sich bei mir  im Wesentlichen herausgestellt, dass ich auf Bücher aufmerksam machen will, die jenseits der Spiegel- und anderen Bestsellerlisten stehen. Es ärgert mich, dass überall in den „großen“ Buchhandlungen die selben Titel ausliegen, die überall und noch dazu überall gleich beworben werden.

Ich möchte meinen Lesern sagen: „Hey, schaut mal, es gibt noch so viel andere Titel zu entdecken – sie werden zwar nicht so präsent beworben, sind es aber wert, gelesen zu werden!“ Das hört sich banal an – aber in Gesprächen mit Lesern stellte sich immer wieder heraus, dass kaum jemand sich durch die Verlagsvorschauen liest. Und dafür springe ich dann ein.

Mein persönlicher Geschmack und meine Prinzipien beim Lesen und Bewerten:

Ich lese am liebsten Zeitgenössisches, mag das Spiel mit Sprache und ein Buch darf alles, nur nicht langweilen. Ich breche selten Bücher ab, weil ich immer denke, das vielleicht auch bei einem bisher nicht so dollen Buch im letzten Drittel die absolute Überraschung wartet (meistens nicht, aber manchmal eben doch).

Beim Bewerten sind die einzigen Prinzipien Ehrlichkeit und Fairness. Auch ein Verriss hat es verdient, anständig behandelt zu werden.

Wer liest mich? Habe ich eine Zielgruppe?

Das Erste wüsste ich auch gerne. Ich bin mir nicht sicher, ob sich aus den Lesern meines Blogs eine Schnittmenge abbilden lässt. Meine Zielgruppe dürften alle sein, die sich auch für Bücher interessieren, die nicht unbedingt auf den dicken Tischen in der Mitte der Buchhandlung befinden.

Habe ich Vorbilder?

Jetzt oute ich mich mal: Ja, definitiv! Und zwar den Literaturblog Günter Keil.

Mir sind viele Besprechungen schlichtweg zu lang, verraten zu viel, auch wenn sie ansonsten richtig, richtig gut sind und ich auch die Blogger dahinter sehr schätze. Wenn ich alle Namen der Protagonisten schon kenne, sämtliche Besonderheiten und die meisten Handlungsstränge – warum soll ich das Buch dann noch lesen?

Günter Keil bringt es immer fertig, in ein paar Sätzen alles Wichtige unterzubringen, seine Meinung dazu durchschimmern zu lassen und noch Lust auf das Buch zu machen – oder eben auch nicht. Da denke ich dann immer „Yesss, so muss das!“.

Welche Ratschläge würde ich meinem früheren Lese-Ich geben? Kann man lernen, Bücher besser auszusuchen, zu entdecken und zu genießen? Wie?

Schwierige Frage. Für mich kam das automatisch. Wenn man eine gewisse Menge an Büchern gelesen hat, sucht man automatisch nach Neuem, Anderem; nach Herausforderung und anderem Anspruch. Ich möchte nicht das gleiche Thema auf immer gleiche Art und Weise zu Text verarbeitet lesen. Ich will Klippen und Kanten, Brüche in den Charakteren usw..
Aber ich weiß auch, dass andere Leser das anders sehen.

“Verlage brauchen mich für PR. Sie brauchen mich mehr, als ich sie brauche” …oder “Toll! Autoren und Presseabteilungen suchen Kontakt und bieten mir Bücher an. Was für ein Glück!” Was überwiegt?

Ich finde, „brauchen“ ist hier das falsche Wort und sehe die ganze Sache ziemlich pragmatisch: Kein Verlag „braucht“ mich im Sinne von benötigen. Und ich brauche ebenfalls keinen Verlag (also rein auf das Bloggen bezogen).

Es ist doch so: Die Verlage (be)nutzen mich: als Marketingkanal, im besten Fall als Influenzer. Und zwar völlig unabhängig davon, ob es anfangs überhaupt zu meiner Intention als Blogger gehörte, Verlage zu unterstützen; unabhängig davon, ob sie mir vorher Bücher als Leseexemplare angeboten haben oder ich mir die Bücher selber kaufe.

Aktuell zeigt sich, dass sie das Potenzial erkannt haben, das die Blogger bieten – und fangen an, dies aktiv zu nutzen. Das finde ich nur logisch und legitim. Und ehrlich – sie wären doch Schläge wert, würden sie es nicht tun, oder?

Vor diesem Hintergrund finde ich es auch völlig normal, dass „Beziehungen“ zwischen Verlagen und den Bloggern entstehen. Das ist Moment noch alles in der Probierphase und Ziel wird sein, eine Art des professionellen Umgangs miteinander zu finden.

Was soll sich tun in meinem Blog und in meinem Leser-/Schreiber-Leben in den nächsten fünf Jahren:

Unbedingt mehr Regelmäßigkeit muss rein! Im Moment habe ich noch eine zeitliche Durststrecke bis Ende November zu überwinden, aber danach sind regelmäßige und häufigere Buchbesprechungen und mehr Themen rund um Buch & Co. mein unbedingtes Ziel.

Dann habe ich in diesem Sommer das Thema „Sketchnotes“ für mich entdeckt, experimentiere damit gerade etwas herum und möchte auf meinem Blog diese Form der Besprechung auch etablieren. Bin gespannt, ob und wie das angenommen werden wird.

Weiterhin möchte ich natürlich meine Kontakte vertiefen und erweitern – und gerne auch beruflich in dieser Branche Fuß fassen.

Bei wieviel Prozent der Bücher, die ich gelesen habe, denke ich danach: Mist, Ich wünschte, ich hätte das nie gelesen…? Steigt oder fällt diese Prozentzahl, Jahr für Jahr. Und: Warum?

Also – dass ich genau das denke, kommt sehr selten vor. In diesem Jahr nur ein einziges Mal und aus dem Grund, weil es für mich einfach richtig schlecht war. Allerdings waren in letzter Zeit einige Bücher dabei, von denen ich mir einfach mehr versprochen hatte, als Empfehlungen und Leseproben verhießen…

Dann gibt es noch die Bücher, die thematisch so angelegt sind, dass ich mir wünschen könnte, sie nicht gelesen zu haben, weil sie mich aktuell zu sehr belasten würden. Die fange ich dann gar nicht erst an.

Mein erfolgreichster Blogbeitrag:

Bisher das Interview mit der Übersetzerin Gabriele Haefs. Die Zugriffszahlen und das Tempo des Teilens haben mich völlig überrascht.

„Das neue literarische Quartett…“

… muss in verdammt große Fußstapfen treten.

„Auf der Buchmesse…“

… bin ich immer überwältigt. Es ist jedes Jahr ein Erlebnis, so viele Enthusiasten aus allen Bereichen rund ums Buch geballt zu treffen. Mal ganz abgesehen von den vielen Büchern…

 

Weitere Blogger, die seine Fragen bisher beantwortet haben: Sophie von Literaturen, Caterina von Schöne Seiten, Astrid und Silvia von Leckere Kekse

Zum Teilen gedacht, zum Teilen gemacht:

8 Kommentare

  1. Interessant! Meine Art zu lesen hat sich ähnlich verändert wie bei dir. Das ist mit vorher nicht klargeworden. Erst als ich es bei dir gelesen habe. Komisch.
    Wir haben uns der Fragen auch angenommen. Der Beitrag dazu wird nächste Woche erscheinen.

  2. Hallöchen, ich hab die Fragen nun schon auf dem einen oder anderen Blog gesehen, aber ich finde die Antworten immer wieder spannend zu Lesen.
    In vielen Dingen kann ich dir voll und ganz zustimmen: auch bei mir hat sich ne sensiblere Herangehensweise an Bücher eingestellt, seit ich blogge. Ich finde, das ganze Lesen hat sich verändert, zumindest geht es mir so.

    Hatte auf jeden Fall viel Spaß, deinen Post zu lesen, vielen Dank dafür 🙂
    Alles Liebe, Nelly

  3. „…Beim Bewerten sind die einzigen Prinzipien Ehrlichkeit und Fairness. Auch ein Verriss hat es verdient, anständig behandelt zu werden…“

    Ich denke, da hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Ehrlich und fair zu bewerten bedeutet nämlich, sich intensiv mit dem Buch – oder allgemeiner einer Sache – zu beschäftigen bzw. auseinanderzusetzen – selbst wenn es einem eher negativ auffällt. Deshalb habe ich mir angewöhnt, konstruktive Kritik anzunehmen, aber rein abwertende Äußerungen bzw. Beleidigungen zu ignorieren.

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