Vorbei ist sie – die Frankfurter Buchmesse 2014.
Schön war’s. Richtig schön. Schön laut, schön voll, schön aufregend. Aber der Reihe nach:
Ich gehöre zu den Menschen, die sich nicht aus beruflichen Gründen zur Buchmesse zwingen müssen, sondern zu denen, die einfach wollen. Ganz und gar freiwillig. In den letzten Jahren wollte ich zwar auch immer, konnte aber auch immer aus unterschiedlichen Gründen nicht. In diesem Jahr wollte ich dringendst – und konnte auch. Also war in meinem Kalender folgender Eintrag zu finden:
Freitag ging es dann endlich los. Nachdem ich mich durch diverse Staus gequält, den Wagen sicher im Parkhaus abgestellt, meinen Messeausweis ordentlich angepinnt hatte und meine Taschen gründlich am Eingang durchsucht wurden, öffnete sie sich für mich, die Tür zu den heiligen Hallen der Buchmesse:
Jedes Mal wieder ein feierlicher Moment. Fast schon magisch. So unglaublich viele Bücher. Dieser Geruch. Diese Menge von Menschen, die sich durch die Gänge bewegen, alle unterschiedlich, aus den verschiedensten Sparten, aber alle (oder zumindest die meisten) verbunden durch ihr gemeinsames Interesse, ihre Leidenschaft für das Buch, das Lesen, an der Literatur allgemein. Einfach herrlich.
Obwohl ich mir vorher schon Notizen gemacht hatte, wen ich wann wo besuchen wollte, reichte meine Zeit vorne und hinten nicht (Memo an mich: fbm2015 = mehr Tage!!!). Man bleibt einfach zu oft irgendwo hängen, liest sich fest, entdeckt Verlage, die man nicht oder kaum kannte, wird in Gespräche verwickelt.
Überhaupt, diese sich spontan ergebenden Gespräche… Kleine Kostprobe: ich bin rolltreppenaufwärts auf dem Weg in die nächste Halle und grinse noch innerlich in mich hinein, weil mir kurz zuvor niemand anderes als Judith Hermann die Tür zur Toilette aufgehalten hat, drehe mich halb zu meinem Hintermann um – und ganz unvermittelt entfährt mir ein „Ah! Der Herr Ziegelwanger!“ „ZiegelWAGNER“, korrigiert er mich, noch an seinem Döner (?) kauend, „kennen wir uns?“… Nein, bisher kannten wir uns nicht, aber selbst an einem so ungeeigneten Ort direkt vor der Rolltreppe entspinnt sich ein Gespräch über aufblasbare Kaiser, das Nachtleben zwischen den Messetagen, Reaktionen auf Autorenveröffentlichungen in der Presse und aktuellen Befindlichkeiten.
Weiter in der Halle am Stand des S. Fischer-Verlages kam ich dann aus dem Staunen gar nicht mehr heraus – irgendwie war mir gar nicht bewusst, welch eine riesengroße Bandbreite dieser Verlag abdeckt. An einer Neuerscheinung, die mir bisher in den Vorschauen gar nicht aufgefallen war, blieb ich hängen: „Ich bin dann mal vegan“ von Bettina Hennig. Um kurz reinzulesen, nahm ich es aus dem Regal, davor zwei Damen, in intensives Gespräch versunken. Die eine schaute mich freundlich an und meinte, dass die Autorin eben dieses Buches gerade auch hier säße und wies auf ihre Nachbarin. Um es kurz zu machen: Tische wurden gerückt und geschoben, ich wurde sitzend dazu platziert und bekam kurzerhand eine humorvolle Kurzfassung der Entstehungsgeschichte vermittelt. Nach einer wirklich amüsanten Unterhaltung musste ich mich verabschieden und zog weiter Richtung DuMont – und zu Petra Hartlieb, der Autorin des Buches „Meine wundervolle Buchhandlung“.
Dort traf ich dann zum ersten Mal auf einige Bloggerkolleginnen, die ich bisher noch nicht persönlich kennengelernt hatte (Gruß an Sophie von Literaturen, Mareike und Meike von Herzpotential und die Klappentexterin) und auf Katharina Waltermann, die bei DuMont u. a. für die Kommunikation mit uns Bloggern zuständig ist (und das im Übrigen auf eine ausgesprochen angenehme Art macht). Das Treffen mit Petra Hartlieb war herzerfrischend locker – und jetzt kann ich allen aufrichtig versichern, dass die Person Petra Hartlieb mitsamt ihrem Buchladen definitiv kein lediglich gut kalkulierter Marketing-Gag ist, wie ich in meiner Rezension zumindest kurzfristig in Erwägung zog: als sie mich erkannte, bot sie mir sofort lachend ihren Arm an, damit ich sie kneifen könne, als Beweis ihrer Echtheit. Es folgte eine lebhafte Gesprächsrunde, in der sie unter anderem über die Konsequenzen berichtete, die sich für sie aus der Veröffentlichung dieses Buches ergeben haben.
Unbedingt besuchen musste ich noch die Stände des mairisch-verlages (wo ich mit Stefanie Ericke-Keidtel wunderbar über spannende neue Autoren, Lesungen und Rezensionen diskutierte), des mare-Verlages (von dem ich aus dem aktuellen Herbstsprogramm bereits zwei Bücher gelesen und vorgestellt habe) und den des Dörlemann-Verlages (ihr wisst schon, der mit den wunderschön gebundenen Büchern). Hier wurde sogar das Muster der Einbände in die Dekoration eingebunden:
Danach stand für mich nur noch das geplante Bloggertreffen bei Diogenes auf dem (Tages-)Programm. Ich war das erste Mal dabei und kann nur sagen, dass es unglaublich schön war, so herzlich von Susanne Bühler, ihren Kolleginnen und den anderen Bloggerkollegen empfangen und mit Informationen zu aktuellen und neu erscheinenden Büchern versorgt zu werden.
Und auch hier traf ich auf Gesichter, die mir zwar durch Netzkontakt bekannt waren, ich aber noch nie live und in Farbe erlebt habe (Bibliophilin, Bücherliebhaberin, 54books, pop-polit, Stefan Mesch, masuko13, um nur einige zu nennen). Zu gerne hätte ich mit allen ausführlicher gesprochen, aber wieder einmal ging die Zeit viel zu schnell um. Also auch hier wieder herzlich verabschieden, auf die nächste Messe vertrösten und damit war auch für mich der Tag in den Hallen der Buchmesse erst einmal beendet.
Was aber nicht bedeutet, dass auch mein gesamtes „Projekt Buchmesse 2014“ zu Ende war. Weit gefehlt. Spätabends wollte ich der Einladung zur DuMont-Messeparty folgen. Aber vorher hatte ich noch etwas anderes zu erledigen: ich war mit Thomas Klugkist verabredet, dessen Buch „Hanna und Sebastian“ ich gelesen und rezensiert habe – zusammen mit ihm, passend zum Buch angelegt in Form eines Briefwechsels. Nachdem wir uns bisher nur per Mail kannten, waren wir, so glaube ich, beide gespannt, wie es ist, sich nun einmal tatsächlich gegenüber zu sitzen, zumal der schriftliche Austausch durch die Thematik alleine schon Einblicke in die Gedankenwelt des jeweils anderen erlaubte.
Also wieder runter vom Messegelände und hin zum Empfang des Verlages C. H. Beck im Hessischen Hof. Wir hatten genau eine halbe Stunde Zeit, um auszuloten, wie sehr oder wie wenig sich Vorstellung und Wahrheit voneinander unterscheiden, kamen zu dem Schluss, dass die Trefferquote der Einschätzung eher hoch war und dann ging es auch schon los mit dem offiziellen Teil der Veranstaltung: der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty stellte sein Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ vor (in einem sehr speziellen Franzenglisch, schwer zu verfolgen, aber auch sehr reizend), das mit seinen Thesen und Erkenntnissen zu Einkommens- und Vermögensverteilung sowie sozialer Ungleichheit bereits für reichlich Diskussionsstoff sorgte. Die Eröffnungsrede hielt Hans Dieter Beck; ein kleiner netter Eklat wie im letzten Jahr blieb aus, dafür schloss er sie mit seinem persönlichen Fazit: „Den digitalen Medienwandel sind wir gut angegangen, den haben wir fast schon im Griff.“ Ich empfand diesen Satz als etwas, sagen wir, mutig – aber nun gut, nur dem Mutigen gehört schließlich die Welt.
Mittlerweile litt ich ein wenig an akuter Reizüberflutung: die Eindrücke der Messe, die vielen Menschen und Gespräche, die neuen Bekanntschaften… Das war auch der Grund, warum ich Thomas Hummitzsch von intellectures, der nur kurz dort war und fast neben mir stand, viel zu spät erst erkannt habe. Genau genommen erst dann, als er schon wieder weg war. Das wurmt mich immer noch, hätte ich doch zu gerne auch mit ihm ein paar Sätze gewechselt.
Sehr viel später dann, nach nicht gezähltem Händeschütteln und wunderbar lebendigen Diskussionen in verschiedenen Konstellationen um Interpretationen von Textfragmenten, der Sinnhaftigkeit von Quotenregelungen und den unterschiedlichen Denk- und Handlungsstrukturen von Männern und Frauen, fand ich mich irgendwann wieder in gemütlich-entspannter Runde mit Thomas Klugkist, Raimund Bezold und Hermann Kurzke zusammen mit seiner sympathischen Frau.
So schön der Abend dort war – ich musste noch weiter. Nach einem letzten Kaffee und herzlicher Verabschiedung ging es mit dem Wagen (mein Wagen wohlgemerkt, also nix mit Wein hier und Wein dort – Wasser war angesagt) einmal quer durch Frankfurt, ans andere Ende der Stadt, ins East End, ins Hotel. Dort schnell eingecheckt, Sachen untergebracht, Taxi gerufen und zurück in die Innenstadt, zur Veranstaltung des DuMont-Verlages. Die Party war natürlich schon in vollem Gange – schließlich hatten wir mittlerweile schon 23.30 Uhr. Dort traf ich auch wieder auf Klappentexterin und Bücherliebhaberin, mit denen ich den Rest des Abends verbrachte. Bei Katharina Waltermann wollte ich mich noch persönlich verabschieden, habe sie aber leider im Gewühl nicht mehr gefunden. Und konnte irgendwann auch einfach nicht mehr.
Und jetzt? Jetzt sitze ich hier, betrachte meine mitgebrachten Visitenkarten, staune immer noch über das, was so in einen Tag passen kann, schreibe meinen Artikel, der so viel länger als geplant geworden ist, sortiere innerlich die unzähligen Eindrücke, bedauere die vielen verpassten und freue mich über die unendlich vielen nicht verpassten Gelegenheiten, genieße die Erinnerungen – und freue mich jetzt schon auf die nächste Messe.
Auf bald also!
Über ihre eigenen Erlebnisse berichten auch noch:
Klappentexterin, glasperlenspiel13, Bibliophilin, Literaturen, pop-polit, muromez, masuko13, bibliomaniac, lesenlebenlachen,
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