„Keep on reading!“ – Zu Besuch bei Hanser

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Da saß ich nun im Zug und war gespannt wie ein Flitzebogen. Mein Ziel: München. Genauer: der Hanser-Verlag, der zum Bloggertag eingeladen hatte. Natürlich hatte ich mich über die Einladung hierzu sehr gefreut und alle termintechnischen und sonstigen Hürden genommen, um daran teilnehmen zu können. Kurzum: alles hatte geklappt und so rollte ich diesem Ereignis entgegen.

Und fragte mich, was mich dort wohl erwarten würde. Zwar wurde im Vorfeld ein vielversprechendes Programm verschickt, sodass mir der zeitliche Ablauf durchaus bekannt war – aber mich beschäftigte etwas Anderes. Vorausschicken sollte ich,  dass das Wahrnehmen eines Bloggers im Allgemeinen und das des literaturaffinen Bloggers im Besonderen nicht frei von Vorurteilen ist – zu sehr hat sich in der Literaturbranche das Bild des bücherschnorrenden  Klappentextabschreibers festgesetzt. Genau wie das der Blogs, auf denen die Qualität der Bücher in Kategorien wie „tolles Buch“ oder „Einband, der zum Streicheln einlädt“ bewertet werden und immer schön gewetteifert wird, wer den höchsten SuB besitzt. Diese Klischees machen auch den Umgang in der Kommunikation zwischen Verlagen/Journalisten/Bloggern nicht unbedingt einfacher und führen immer wieder gerne zu Diskussionen: etwa, ob die Blogger das neue Feuilleton sind (ich denke nicht), wer mehr Einfluss auf die Kaufentscheidungen der potentiellen Leser haben könnte (man weiß es nicht) usw….

Deshalb rumorte in mir die ganze Zeit die Frage, warum das Team Hanser diesen Aufwand, die Kosten und die Zeit auf sich genommen hatte; ob und wenn ja, welches Ziel man damit verfolgte und ich war gespannt, was auf mich und die anderen zehn Blogger, von denen ich die meisten schon kannte, zukommen würde.

Freitagabend ging es dann los und wir wurden von Frauke Vollmer, zuständig für den Bereich Social-Media und Onlinemarketing, begrüßt (sehr herzlich), um dann bei Kerzenlicht (sehr heimelig), Rotwein (zur Not ging auch Wasser) und kleinen Speisen (sehr lecker) der Lesung von Annika Reich zu lauschen, die ihr im Frühjahr erscheinendes Buch „Die Nächte auf ihrer Seite“ (sehr vielversprechend) vorstellte. Diese Lesung war deshalb besonders spannend, weil Annika Reich uns viel von der Entstehungsgeschichte dieses Buches vermittelte. Wir erfuhren, dass sich in jedes ihrer Bücher ein Woody-Allen-Zitat einschleicht und dass man zur Fakten-Recherche auch rekrutieren kann.  Anschließend wurde noch alles Mögliche um die Themen Buch und Blog diskutiert und die Zeit verging auf der Uhr deutlich schneller als gefühlt.

Am nächsten Morgen wartete dann ein straff organisiertes Tagesprogramm auf uns. Verlagsleiter Jo Lendle begrüßte uns trotz Termindrucks persönlich und sprach über den Wandel, den die gesamte Buch- und Verlagswelt im Augenblick erfährt. Der ganze Markt sei im Umbruch; es zeige sich, dass auch die zahlreichen Blogs zu diesen Veränderungen beitragen und niemand im Moment absehen könne, in welche Richtung sich alles entwickeln wird. Dadurch ändere sich auch die Art, Blogger und ihre Arbeit wahrzunehmen (Aha, dachte ich, daher weht der Wind. Wie wunderbar!).

Danach stellte uns die Lektorin Tatjana Michaelis einige der Bücher vor, die im Frühjahrsprogramm neu bei Hanser erscheinen werden:image

Ihre detaillierten Ausführungen und lebhaften Beschreibungen machten mich so neugierig, man ahnt es schon, dass die Lesestunden zur Zeit der Mandelbaumblüte wohl auch häufiger unter Hanserbeflaggung stattfinden werden.

Lena Däuker brachte uns auf Stand in Sachen Hanser Box, der jüngste Spross aus dem Hause Hanser: hier werden jeweils mittwochs die unterschiedlichsten Texte in elektronischer Form veröffentlicht.

Susanne Rössler, verantwortlich für die Presse bei Zsolnay, reiste extra aus Österreich an, um uns die Bücher aus den Verlagen Zsolnay, Deuticke und Nagel & Klimche vorzustellen. Auch sie ein Naturtalent, um bibliophile Begehrlichkeiten zu wecken.

Später führte uns Herstellungsleiterin Stephanie Schelleis in die Geheimnisse der Buchherstellung ein. Da wurde mir wieder deutlich bewusst, warum ich ein „richtiges“ Buch dem Reader entschieden vorziehe: ein Buch ist Kunst. Ein Buch ist Handwerk. Ein Buch ist Leidenschaft. Da werden Papiersorten gewählt, die sich unterscheiden in Grammatur, Textur und Farbe. Die Dicke der Pappen für die Einbände müssen bestimmt, Achsen und Linien festgelegt, Typographien und Satzspiegel ausgesucht werden.  Alles abgestimmt auf dieses eine Buch, um seinen Inhalt zu unterstützen und seinem Text zu dienen.  Dieses Thema wurde fortgeführt durch Peter Hassiepen, der bei Hanser für die Erstellung der Cover zuständig ist. Von ihm erfuhren wir, wie lang der Weg vom Text zum Bild sein kann, wie viele Dinge bedacht werden müssen und dass es manchmal wie beim Monopoly ist – gerade, wenn man sich kurz vor dem Ziel wähnt, würfelt jemand neu und es heißt „gehe zurück auf los!“.

Ganz vergessen zu erwähnen habe ich aber noch die Führung durch das herrliche Hanser Verlags-Gebäude, in dem die Sonne irgendwie durch alle Fenster gleichzeitig scheinen kann:image

Dass Jo Lendle am alten, richtigen Carl-Hanser-Schreibtisch arbeitet, mit richtigen Manuskripten auf echtem Papier (!), dass alle Mitarbeiter, wirklich ausnahmslos, uns unglaublich aufgeschlossen, freundlich und interessiert aufgenommen haben und dass es einfach herrlich war, die anderen Bloggerkollegen in diesem Kreis wiederzusehen. Am Ende gab es noch eine muntere Diskussionsrunde, die von Presseleiterin Christine Knecht geschlossen wurde mit den Worten: „Und jetzt: Keep on reading! Und behaltet euch eure Unabhängigkeit!“

Dem folge ich natürlich nur zu gerne.

 

Weitere Eindrücke dieses Tages finden sich hier:

Bücherwurmloch

Buzzaldrins

Literaturen

Zu den Frühjarsvorschauen der Verlage – bitte hier lang!

imageDie Novitäten

 Bloggerkollegen, die ebenfalls teilgenommen haben:

Sophie von Literaturen, Mara von Buzzaldrins Bücher, Vera vom Glasperlenspiel13,
Mareike aus dem Bücherwurmloch, Dorota, die BibliophilinPop-Polit Gérard,
Petra von Die Liebe zu den Büchern, Tilman von 54books, Nadine von Literatur und Feuilleton
sowie Caterina von Schöne Seiten.

 

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5 Kommentare

  1. Hallo Sonja – ein großartiger Bericht. Sehr informativ und anschaulich. Wunderbar auch wie du den Unterschied zwischen einem Reader und einem „richtigen Buch“ erklärt hast. Diese Erklärung war für mich eine echte Punktlandung.
    Ein Buch in der Hand zu halten, hat ja auch etwas mit „sinnlichem Erleben“ zu tun.
    Im Übrigen gehört Hanser zu den echten Qualitätsverlagen in Deutschland. Und insofern beneidet ich dich um dieses Erlebnis des Bloggertreffens. Neidisch: nein – Beneiden: Ja.
    Unabhängig davon fasziniert mich dein Blog. Sachlich und kompetent. Etwas das vielen anderen Literaturblogs leider fehlt. Beste Grüße aus Hamburg

  2. Geht mir genauso! Ich lese gerne mit Reader, praktisch, handlich halt. Aber ein richtiges Buch mit dem typischen Duft, mit einem schönen Einband, das ist doch ganz was Besonderes, manchmal Erhabenes!
    Deine kleine Reise liest nach ganz viel Spaß!

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