Es gibt Bücher, auf die stößt man mehr oder weniger zufällig. Beim goldenen Grubber war es so, dass ich ihn bei den Recherchen zu Werken der Illustratorin Kat Menschik , die mir in der Reihe „Was macht eigentlich…“ Rede und Antwort stand, entdeckt habe. Und ich war einfach hin und weg.
Dieses Buch, das als Fortsetzungscomic (oder eher eine Graphic Novel?) in der F.A.Z. begann, fällt in jeder Hinsicht aus jedem Rahmen. Es ist kein Gartenratgeber, wie man ihn kennt, keine durchgehende Erzählung, kein Erfahrungsbericht – und trotzdem doch alles zusammen.
Zu allererst fällt natürlich die Ausstattung auf: Schnittverzierung in grün, Lese- und Kapitalbändchen in gold, ein außergewöhnliches und leserfreundliches Maß von 22 x 22 cm. Es ist durchgängig beschriftet und bebildert, bis auf ein paar wenige Seiten in der Mitte in einem saftig-satten Grün gehalten und auf dem mit Jugendstilranken umrahmten Cover reckt eine Hand frech, stolz und irgendwie triumphierend besagten goldenen Grubber in die Höhe.
Auf 304 Seiten (sagt der Verlag, gezählt habe ich nicht und eine Paginierung fehlt) beschreibt und bezeichnet uns Kat Menschik ihre „großen Momente und kleinen Niederlagen“ mit ihren 4.000 Quadratmetern Wochenendgarten – Erfahrungen, die wohl jeder, der selbst einen Garten hat, kennen dürfte. Sie lässt mich auf ihre Art teilhaben an ihrer Gärtnerkarriere: angefangen vom Wunsch, einen eigenen Garten zu haben, über die Diskrepanz zwischen Wunschvorstellung, Möglichkeiten und Ergebnis bis hin zur humorvollen Aufzählung von typischen Anfängerfehlern und bewährten, teilweise recht unorthodoxen Profitipps.
Ich lese und schmunzle über die euphorisierenden Lustkäufe im Gartencenter zu Saisonbeginn (kenne ich), ekle mich mit vor den immer wiederkehrenden Schnecken, auf die man in unaufmerksamen Momenten tritt, bevorzugt natürlich barfuß (kenne ich auch), kann die Sorgen über zu viel oder zu wenig Regen nachvollziehen, leide und bange mit, wenn Frau Gärtnerin samt Tochter dem Tod durch Vergiften gerade noch entgehen kann (die entsprechende Bebilderung ist einfach königlich). Ich lerne, dass toter Fisch hervorragend als Tomatendünger dienen kann (zumindest bei entsprechend veranlagtem Geruchssinn) und ertappe mich dabei, dass ich im Netz Suchmaschinen mit dem bisher unbekannten Begriff „Papiertopf-Pressen“ füttere.
Und am Ende kommt es mir so vor, als hätte ich nicht in einem Buch gelesen, sondern wäre persönlich im Menschik’schen Garten gewesen, hätte mir ihr zusammen unzählige Krokusszwiebeln gepflanzt, Maulwurfhügel abgetragen oder nach dem Unkrautjäten Kuchen gegessen.
© Galiani-Verlag
Ein Buch für alle Gartenliebhaber – egal ob mit eigenem oder gewünschtem Garten, für Profis oder Herzensgärtner, zur Überbrückung von Regentagen oder entspannte Leselust unter dem Sonnenschirm. Und für Menschen mit Freude an leidenschaftlich gefertigten Büchern. Zum Ver- oder Selberschenken. Zu bestellen beim Buchhändler unter der ISBN 978-3-86971-083-9. Es erschien im Galiani-Verlag, kostet 34,99 €, machte den zweiten Platz beim „Deutschen Gartenbuchpreis“ und wurde ausgezeichnet von der „Stiftung Buchkunst“ als eines der schönsten Bücher.
Kat Menschik ist freie Illustratorin mit wachsendem Ruhm. Das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erhält von ihr seine optische Prägung, viele von ihr illustrierte Bücher erlangten Kultstatus (u. a. Haruki Murakamis Schlaf). Sie ist verantwortlich für die prächtigen Illustrationen des Island-Saga-Bandes Der Mordbrand von Örnolfsdalur und des finnischen Nationalepos Kalevala und für die Vignetten für Karen Duves Grrrimm. 2012 erschien ihr wunderschönes Variables Kalendarium. Für den ersten Band von The Graphic Canon gestaltete sie, exklusiv für die deutsche Ausgabe, das Nibelungenlied. 2014 erschien bei Galiani ihr außergewöhnliches Gartenbuch Der goldene Grubber.
Zum Interview mit Kat Menschik bitte hier entlang.
Die Illustrationen wurden mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!
Da ich mich neuerdings auch in einem Garten austoben kann, kommt mir dieses wunderschöne Buch gerade recht. Danke für deine tolle Besprechung! Da habe ich mich gleich wiedererkannt.
Ja, der Wiedererkennungswert ist tatsächlich sehr hoch. Und die Praxistauglichkeit auch. Beispielsweise die Begründung, warum man sich über Maulwurfshügel überhaupt nicht ärgern muss: Man bekommt frische, lockere Blumen- bzw. Pflanzerde praktisch bis vor die Füße geliefert…
Viel Erfolg mit deinem Garten!